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Straya Mate – Magischer Sonnenaufgang

Vielleicht fragen sich einige von euch, wie Post im Outback funktioniert. Wer mich kennt, hat mich bestimmt schon mal sagen hören, dass man ca. 15 Minuten fahren muss, um zum Briefkasten zu kommen. Der ist ca. 20km entfernt vom Haus und ist der Treffpunkt zur Übergabe von Post und Lebensmitteln. Da noch andere Familien um uns herum wohnen und die Stadt “nur” 2-3 Stunden entfernt ist von uns, können wir Lebensmittel online bestellen und sie werden, zusammen mit der gesammelten Post, in einem Bofrost-ähnlichem Lieferwagen zu uns gefahren. Entweder man trifft sich morgens gegen 7 Uhr am Briefkasten und tauscht ein paar Neuigkeiten aus oder die Lebensmittel und Post werden im und um den Briefkasten verstaut. Nach der Übergabe bei uns geht die Fahrt weiter zu den benachbarten stations. Wenn wir Post haben, übergeben wir sie zusammen mit Geldscheinen der Lebensmittel- und Postbotin und sie kümmert sich darum, oder wir legen wir einfach die Briefe/Karten/Pakete am Vortag (oder wann immer es passt) in den Briefkasten. Ich sage Briefkasten, aber in Wirklichkeit ist es eine große Metalltonne, die umfunktioniert wurde.

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Im Mai gehörte es eines Morgens zu meinen Aufgaben, die Post entgegenzunehmen. Ich stand um 6 Uhr auf, machte mich fertig und fuhr mit Darcys Toyota los, an einem wunderschönen Sonnenaufgang vorbei bzw. in ihn hinein. Am Briefkasten angekommen, hatte ich genug Zeit und Muße, ihn so richtig zu bewundern und zu genießen. Es ist wirklich magisch, wie sich alles in goldenen Glanz hüllt, wenn die Sonne durch die Blätter scheint und alles erleuchtet. Dass es nichts gibt, was man zu dieser Stunde tun muss (z.B. sich für die Schule oder Arbeit fertig machen, Nachrichten schreiben, Essen zubereiten …) und es absolut ruhig ist um einen herum, macht alles zu einer wirklich einmaligen Erfahrung, die man mit 100% Aufmerksamkeit aufnehmen kann. Ich liebe solche Momente, in denen die Welt still steht und man einfach nur sein kann. Dafür stehe ich auch gerne um 6 Uhr auf.

Straya Mate – Beauty

Abends bin ich oft spazieren oder laufen gegangen und neben dem Gefühl, etwas erreicht zu haben, war der Sonnenuntergang eigentlich immer das Schönste an dieser Zeit. Viel Regen gab es in meiner Zeit auf The Brook nicht – eines Abends war es aber bewölkt und ziemlich grau. Die Landschaft sieht gleich viel anders aus – zerfurcht und rauh, aber trotzdem wunderschön. Irgendwie melancholisch und nostalgisch, und die Bilder scheinen mir so, als könnte ich mich in sie fallen lassen und in dem Moment, in dem ich sie aufgenommen habe, wieder auftauchen, den Wind spüren und den Geruch einatmen, den ich bis jetzt nur dort draußen gefunden habe. Schon jetzt fehlt mir die Unbeschwertheit, die es dort draußen gibt, und die Abgeschiedenheit, die Ruhe und Frieden mit sich bringt.

[02.05.2017]

Straya Mate – Magie

Die Umgebung der station ist ganz anders als alles, was ich sonst so kenne. Ich bin zwar in einem kleinen Dorf aufgewachsen, habe einen Großteil meines Lebens dort verbracht und somit meine Kindheit überwiegend draußen in Bächen, Bäumen oder Wäldern, auf Wiesen, Feldern oder Landstraßen zugebracht, aber nichts davon kommt an das heran, was es hier draußen gibt: 360° Wildernis. Leuchtende, natürliche Farben. Blasse, naturnahe Aquarelltöne. Atemberaubende Details und irre Fels- oder Baumformationen. Szenerie wie aus einem Film – Magie, wenn man sich und seine Augen öffnet und sich darauf einlässt.

Es gibt wunderwundervolle Sonnenauf- und untergänge zu beobachten. Morgens scheint die Sonne verheißungsvoll um die Ecke und taucht draußen alles in einen Glanz, der mir vom bevorstehenden, warmen Tag berichtet. Oft stehe ich auf, gehe hinaus und betrachte die Tautropfen, die am Gras glitzern, bewundere, wie golden alles glänzt und wie zart und durchsichtig die Farben im Licht der aufgehenden Sonne scheinen.

Abends begleiten mich ihre Strahlen auf meinen Joggingrunden. Naja, “Runden” sind es nicht wirklich, sondern eher eine Gerade. Ich laufe immer die Straße am airstrip entlang, bis ich entweder mein Ziel erreicht habe, aus der Puste bin oder mein Rücken oder ein sonstiges Körperteil nicht mehr mitmacht. Der airstrip ist ein etwa 2km langes, eingezäuntes Feld, bewachsen mit nichts als hohem Gras. Hier landen und heben Flugzeuge ab, wenn mal ein großes Event ansteht, ansonsten wird der airstrip nicht genutzt, soweit ich weiß, außer als Parkplatz für Darcys Flugzeug und als Weidefläche für die Pferde. Es ist so still und friedlich, abends hier entlangzulaufen oder zurückzugehen und es ist Balsam für die Seele und rasenden Gedanken, den Farben beim Verlaufen zuzusehen und zu wissen, man muss nichts tun außer sich daran erfreuen.

Besonders magisch ist auch der nächtliche Himmel. Manchmal laufe ich weiter, als geplant und komme im Mondschein zurück. Es ist wirklich eindrucksvoll, wie sich der Himmel plötzlich nachtblau über die Landschaft legt und nur der helle Teller des Mondes zu sehen ist. Aber wirklich märchenhaft wird es erst, wenn die Sterne auf dem dunklen Mantel der Nacht funkeln. Hier draußen gibt es keine Lichtverschmutzung und man kann die Milchstraße und verschiedenen Sternenkonstellationen bewundern. Es ist einfach unbegreiflich schön, im Dunkeln zu stehen und das Funkeln und Blinken der abertausend Sterne zu bewundern. Das habe ich so sehr vermisst. Ich fühle mich so klein und unbedeutend, wenn ich mitten im nachtdunklen Nichts stehe und hinauf in den Himmel blicke, und gleichzeitig bin ich so glücklich und erfüllt. Es ist wirklich einmalig hier draußen – etwas, das ich leider nicht besonders gut in Worte fassen kann, aber die Bilder teile ich mit euch, damit ihr auch ein Eckchen der Magie zu sehen bekommt.