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Mi Colombia – Villa de Leyva

Hallo liebe Lebensmaler!

Nachdem ich euch im letzten Post mit ins Casa Terracota genommen habe, möchte ich euch jetzt ein bißchen mehr vom eigentlichen Ort Villa de Leyva zeigen.

Villa de Leyva wurde 1572 gegründet und nach dem damaligen Präsident des spanischen Zentralgerichts von Neugranada benannt: Andrés Díaz Venero de Leiva. Auch hier (wie in vielen anderen Städten) bekommt man einen guten Eindruck der Architektur der Kolonialzeit, kann man über Kopfsteinpflaster spazieren und die getünchten weißen Wände der Häuser mit ihren bunten Fensterläden, Türen oder der herabhängenden Blumenpracht bewundern. Mein Rough Guide erzählt mir, dass es am Plaza Mayor sogar noch handbemalte Fliesen gibt, die das Reiten und Autofahren rund um den Plaza Mayor verbieten – die habe ich leider nicht gesehen. Aber von der teilweise zeitentrückten Atmosphäre habe ich mich verzaubern lassen: Kopfsteinstraßen, weiße Häuser, die einen in der Sonne blenden, wundervoll duftende Blüten, die wie Wasserfälle von den Dächern stürzen und Hunde und Katzen, die faul in der Hitze liegen … ich konnte selber auch entschleunigen und mich entspannt (wenn auch leicht erhitzt) dem Touristen-Dasein überlassen. Und wo wir gerade davon sprechen …

VillaKarte

Nach meinem Besuch im Casa Terracota trottete ich die Straße entlang zurück Richtung Hauptstraße, die mich irgendwie wieder ins Ortsinnere bringen sollte und schwitze erbarmungslos vor mich hin, während meine Haut eine dezente Hummerfarbe annahm.  Ich versuchte, ein paar an mir vorbeifahrende Auto- und sogar Motorradfahrer zu erbarmen, mich mit in die Stadt zu nehmen, aber niemand fuhr dorthin, wo ich hinmusste. Ich gab aber nicht auf. Als ich schließlich an der Hauptstraße stand, kam ein großes Auto herangefahren und ich winkte erneut freundlich. Der Fahrer hielt an und beugte sich vor, nickte auf meine Bitte hin und ließ mich einsteigen. Er fragte mich, ob ich alleineVilla_Autor2 unterwegs sei, und als ich bejahte, hob er an zur gleichen Rede wie alle Kolumbianer: ich müsse vorsichtig sein, so alleine, als Frau, nicht alle Kolumbianer seien freundlich … Ich erzählte von meinen Erfahrungen und berichtete von dem Sonnencreme- und “Milchhaut”- Dilemma. Er bestand darauf, mir Sonnencreme zu kaufen, was er später auch durchaus tat, aber erstmal erzählte er von sich. Er hieß Germán Florez, war in einer Stadt nordöstlich von Villa de Leyva geboren, zugezogen und von Beruf Autor. Er war wirklich sehr nett und fragte, ob er mich zu einem Kaffee einladen könne, er träfe sich gleich mit einem Freund. Ich sagte, ich wolle nicht seine Verabredung sprengen, woraufhin er jedoch insistierte. Ich akzeptierte also  und wir steuerten ein Café rechts der Iglesia de Nuestra Señora del Rosario an, wo wir seinen Freund trafen. Wir erzählten eine Weile und schließlich wollte Germán mir eins seiner Bücher schenken – er versah es sogar mit einer Widmung! Ich freute mich wirklich, denn wer hat schon solches Glück? Ich wollte ja nur mitgenommen werden, bekam aber obendrauf noch ein Getränk spendiert, Sonnencreme und ein handsigniertes Buch dazu, ganz zu schweigen davon, dass ich eine interessante Person kennenlernen durfte! Das ist einer der Gründe, warum ich immer so reisen würde, wie ich es eben tue: ich möchte Land und Leute kennenlernen und nicht nur “da gewesen” sein.

Nach unserem Kaffee verabschiedete sich Germán von mir (nicht ohne mich, meine Familie und Angie zu sich einzuladen, sollten wir je erneut nach Villa de Leyva kommen) und jeder von uns ging seiner Wege. Ich ging zuerst ins Hostel zurück, um ein bißchen zu essen, meinen Gastgebern von meinen Erlebnissen zu erzählen und die Sonnencreme auf meiner Haut zu verteilen. Danach machte ich mich auf, ein paar der von meinem Reiseführer angepriesenen Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Ich ging durch kopfsteingepflasterte Gassen, die von weißen Häusern gesäumt wurden, die wiederum Kronen von wild wuchernden Blumen trugen. Mein erster Stop war die an das Monasterío de las Carmelitas angrenzende Kirche sowie das Museo del Carmen. Diesmal kam ich durch die hintere Gasse, den Weg, den ich am Abend vorher nach Hause gegangen war. Im Hellen strahlte alles nochmal ganz anders, denn die Sonne machte das Weiß der Wände noch weißer und die Farben drumherum wirkten dadurch noch gesättigter.

Über die angeschlossene Kirche konnte ich keine Informationen finden, aber dafür über das Kloster. Das Monasterío de las Carmelitas wurde am 8. April 1645 gegründet und ist heute noch das gleiche Gebäude wie bei der Gründung vor über 350 Jahren. Die Ordensschwestern verdienen ihr tägliches Brot mit der Herstellung von Skapulieren (Überwurf über die Tunika einer Ordenstracht), dem Design und der Herstellung von Ornamenten sowie verschiedenem Kunsthandwerk. Die in etwa 30 Frauen bauen ihr eigenes Gemüse im Klostergarten an und das Kloster darf nicht bzw. nur wenn absolut nötig von Fremden betreten werden. Das Mueseo del Carmen, das ebenso wie die Kirche und das Kloster am Plazuela del Carmen zu finden ist, habe ich mir nicht angeschaut, denn so sehr interessieren mich verschiedene religiöse Gemälde, hölzerne Ikonen und Altarteile aus dem 16. Jahrhundert nicht, dass ich das nicht geringe Eintrittsgeld bezahlt hätte.

Ich wandte mich nach Südwesten (glaube ich), und schlenderte durch die schönen Straßen Villa de Leyvas. Ich versuchte noch immer, im Schatten zu spazieren, sofern es möglich war, aber um ehrlich zu sein, hatte ich mich schon irgendwie damit abgefunden, dass meine Haut diese Etappe nicht unbeschadet überstehen würde. Mein nächster planmäßiger Stop war der Parque Ricautre und das Haus desselbigen.

Antonio Ricautre kämpfte im Unabhängigkeitskrieg unter Bolívar. 1814 hatten die Royalisten die Kontrolle über das zentrale Munitionslager der bolivarianischen Armee errungen und Ricautre erkannte, dass die Freiheitskämpfer durch den Verlust ihrer Munitionsreserven den Kampf verlieren würden. Der nur 28-jährige Kämpfer schloss sich daraufhin im Lager ein, zündete ein Fass mit Pulver und jagte somit nicht nur das Lager und sich selbst, sondern auch die gegnerischen Truppen in die Luft. Das Haus in Villa de Leyva, in dem der Nationalheld geboren wurde, beherbergt heute ein Museum, das verschiedene persönliche Dinge und Dokumente Ricautres sowie Militärsobjekte zeigt. Der wunderschöne, grüne Innenhof interessierte mich mehr als die Ausstellungsobjekte, und der Eintritt sollte sogar kostenlos sein, aber leider war ich zu früh da (siesta von 12-14 Uhr). Der vigilante ließ mich nur sehr widerwillig einen kurzen Blick in den Innenhof werfen, als ich ihm erklärte, ich könne nicht warten, bis die siesta vorbei sei. Das Wenige, was ich gesehen habe, fand ich wirklich sehr schön – wie eine Oase wirkte der kleine Garten.

Gerne hätte ich mich dort niedergelassen und ein bißchen aufgetankt, aber mein Zeitplan war etwas straff. Ich machte mich auf, um den Plaza del Mercado, also den Marktplatz, zu sehen – leider wirkte er an einem Nicht-Markttag eher trist und verlassen. Schade, ich hatte gehofft, ihm auch etwas abgewinnen zu können, wenn gerade nichts los war. Zurück durch die sonnendurchfluteten Gassen ließ ich mich treiben, vorbei an kleinen tiendas, vor denen Hunde im Schatten dösten, vorbei am Parque Nariño, hin zum Plaza Mayor. Dort sah ich, dass die Türen der Iglesia de Nuestra Señora del Rosario offen standen, was mich verwunderte, denn in meinem Reiseführer stand, dass diese nur für die Gottesdienste geöffnet seien. Ich nutzte also diese Chance und schlüpfte ins kühle Dunkel der Kirche und ließ meinen Blick über die Holzbänke hin zum goldenen Altarraum schweifen. Die Kirche wurde im 17. Jahrhundert erbaut, fiel 1845 einem Erdbeben zum Opfer, nach dem sie wieder aufgebaut wurde – heute befinden sich immer noch viele der originalen Darstellungen in ihr. Mich beeindruckte besonders der goldene Altar bzw. Altarraum und mir gefiel der Gegensatz von Prunk und Schlichtheit – das leuchtende Gold stand in starkem Kontrast zu den weißen Wänden und den dunklen Holzbänken.

Als ich mich genug umgeschaut hatte, trat ich wieder hinaus auf den Plaza Mayor. Der, wie bereits geschrieben, größte Platz Kolumbiens ist umgeben von Gebäuden im Kolonial-Stil, manche mit Verandas und kleinen Säulengängen, wobei oft die Räumlichkeiten bereits saniert, modernisiert oder rekonstruiert worden sind. Der Brunnen in der Mitte des Platzes war die einzige Wasserquelle der Dorfbewohner bis ins 20. Jahrhundert! Eins der Häuser auf der gegenüberliegenden Seite der Kirche ist das Casa Museo Luis Alberto Acuña, in dem der Avant Garde-Künstler gleichen Namens von 1979 bis 1994 lebte. Er selbst richtete das Museum ein, bevor er 1994 verstarb, und es sind nicht nur seine Skulpturen und andere seiner Werke, sondern auch seine Antiquitätensammlung zu sehen. Ich selbst war nicht so interessiert daran, ließ diese Sehenswürdigkeit kurzerhand ausfallen und machte mich auf den Weg zurück ins Hostel.

Dort waren Janeth und Ciro so lieb, mich noch mit etwas zu trinken zu bewirten, wir machten unsere Witze und schließlich noch ein Abschiedsfoto, weil ich ja “meinen Freunden und meiner Familie zeigen möchte, welche tollen Menschen ich auf meiner Reise getroffen habe”. Auf dem ersten Foto, das wir machten, lächelte Ciro allerdings nicht, was ich auch kommentierte. Darauf meinte er: “Pues, casi sonrío!” (“Ich lächele doch fast!”), was Janeth keck kommentierte mit: “PUES, casi no sirve! Cierto, Katha? Casi nunca sirve!” (“ALSO, fast tut’s aber nicht! Oder, Katha? Fast tut es nie!”) Auf dem zweiten Foto fiel es ihm dann gar nicht mehr schwer, zu lächeln … ich glaube, er amüsierte sich prächtig darüber, dass Janeth und ich uns so gut verstanden. Immer wieder gab es Anspielungen darauf, dass Janeth deutsche Vorfahren habe und dass wir jetzt “Deutsche unter sich” seien … und wir erklärten unser Verhalten meist mit: “Las Alemanas son así!” – “Die deutschen Frauen sind halt so!” Wir hatten viel Spaß 🙂 Das Beste war, dass die beiden später im Jahr nach Deutschland reisen wollten und wir uns vielleicht wiedersehen würden! Darauf freute ich mich schon in dem Moment, in dem ich mich zur Abreise fertig machte. Ich packte meine sieben Sachen zusammen, wir umarmten uns fest und ich machte mich dann auf den Weg zum Busdepot, um einen Bus nach Ráquira zu nehmen, DEM Kunsthandwerkerstädtchen überhaupt. Bei meinem letzten Blick auf den Plaza Mayor hatte sich der Himmel extrem verdunkelt und enorme Regenwolken schoben sich auf das Städtchen zu – trotzdem gefiel mir der Anblick sehr gut.

Leider dauerte es noch eine Stunde, bis der nächste Bus fuhr, sodass ich mich bei den Menschen im Depot erkundigte, wo ich etwas zu Mittag essen könne. Sie wiesen auf ein unscheinbares Restaurant gegenüber, wo ich ein kleines Mittagessen bestellte – aber natürlich bekam ich eine Suppe als Vorspeise und “kleine Portionen” gibt es ja generell nicht in Kolumbien. Zum Glück hatte ich Hilfe: ein Straßenhund lief hungrig zwischen den Tischen hin und her, sodass ich ihn erst mit etwas Kuchen fütterte, den ich noch hatte, und schließlich dessen leere Plastikschale mit der Vorspeisensuppe füllte. Ich hätte eh nicht alles essen können. Den Fisch, den ich ihm von meinem Hauptgang abgab, verschmähte er, sodass ich in der Küche zwei Würstchen für ihn bestellte. Diese kosteten mich später zusätzliche 6.000 COP (2€), aber so einem Schmelzblick, wie ihn der Hund aufsetzte, kann ich einfach nicht widerstehen.

Nachdem ich aufgegessen hatte, versuchte er sein Glück bei anderen Mittagsgästen, und ich lief zurück zum Busdepot und zum Bus, wo ich meinen zuvor mit einer Jacke gesicherten Platz verteidigen musste (wie die Handtücher auf Badeliegen im Hotel – bin wohl doch viel mehr Deutsche, als ich dachte, fällt mir gerade in Retrospektive auf). Kurz nachdem ich mich setzte, fuhr der Bus auch los … Richtung Ráquira, einem kleinen Kunsthandwerkerstädtchen. Es rumpelte und ruckelte …

FahrtVillaRaquira

Die Landschaft, die wir passierten.

… und wie es weitergeht, berichte ich im nächsten Post!
Bis dahin, un fuerte abrazo!

Katha

 

Mi Colombia – Ankunft in Bogotá

Hallo liebe Lebensmaler und Abenteuerfans 🙂

Ich melde mich hiermit von San Andrés, sonnenverbrannt zwar, aber trotzdem frohen Mutes 🙂 Ich möchte euch von meiner ersten Woche in Kolumbien erzählen und fange in diesem Post mit meiner Ankunft und den ersten Tagen in Bogotá an.

Los ging es am 05. Februar 2019 in aller Herrgottsfrühe. Ich zog den Reisverschluss an meinem geborgten Wochenend-Koffer zu, versicherte meiner Katze ungefähr hundert Mal, dass ich sie lieb hatte und begab mich um 05:50h auf den Weg zum Bahnhof. Mein Zug nach Frankfurt hatte 5 Minuten Verspätung – eine sehr gute Einstimmung auf Kolumbien, wo mit Zeitangaben relativ liberal um sich geschmissen wird. Im Zug entdeckte ich an meinem Fenster ein gemaltes Herz – das zauberte mir ein breites Lächeln auf’s Gesicht.

Am Flughafen in Frankfurt ging alles glatt, auch am Flughafen in Madrid gab es keine Probleme, ebenso wenig in Bogotá. Ich vermute allerdings, dass ich bei meinem nächsten Besuch diskret in einen Nebenraum geführt und durchsucht werde, denn die Dame am migración-Schalter beäugte mich misstrauisch über meinen Pass hinweg und fragte: “Viene a Colombia mucho, no?” Ich sagte, ich käme nicht allzu oft, aber ich habe eben Freunde hier und nähme die letzte Gelegenheit wahr, bevor ich einen neuen Job anfinge. Immer noch kritisch reichte sie mir meine Dokumente und hieß mich willkommen: “Bienvenida a Colombia!”

Ich nahm ein Taxi zum Portal 80, nachdem ich den Taxifahrer von 35.000COP (12€) auf 30.000COP (10€) y una sonrisa 🙂 heruntergehandelt hatte, und mein Taxifahrer lachte, als ich mir die Augen zuhielt, um nicht sehenden Auges den Unfall mitzubekommen, den wir unweigerlich … nicht … haben würden. Ich kenne den chaotischen, bunt gemischten Verkehr der Kolumbianer zwar bereits, aber es ist trotzdem jedes Mal wieder auf’s Neue ein Schock, wie sie die Regeln missachten, dicht aneinander vorbeifahren, wie Motos dazwischen herumflitzen und Fußgänger am Rand der dreispurigen Straße ganz entspannt mit ihren Kindern entlangspazieren. Im Dunkeln. Wir unterhielten uns ein Weilchen und er setzte mich vor dem großen Einkaufszentrum ab, wo ich mich mit Angie treffen würde. Wir fielen uns in die Arme, ich trank einen halben Liter Wasser, da ich mich komplett ausgetrocknet fühlte, und wir traten die einstündige Busfahrt nach Mosquera an. Wir versuchten uns zu unterhalten, aber nach einer Weile fielen mir vor Müdig- und Übelkeit die Augen zu. Zu Hause fiel ich quasi direkt ins Bett – ein Segen! ❤

Der nächste Morgen (06.02.) war ganz entspannt. Angie und ich frühstückten und ich machte mich auf den Weg ins Zentrum, um in meiner Lieblings-fruteria (wie eine Eisdiele, aber mit Obstsalaten) wie immer, wenn ich in Bogotá bin, einen Obstsalat zu essen. Danach kaufte ich mir, wie immer, auf einer plaza in der Nähe einen Saft: guanábana en leche. Guanábana ist meine Lieblingsfrucht hier und man kann sie als Saft in Wasser oder Milch von Straßenständen kaufen – ich gönnte mir für 3.000COP (90 Cent) einen großen Becher. Ich kaufte sogar beim gleichen Verkäufer wie beim letzten Mal! Ich machte mich dann auf den Weg zu Maria Elizabeth. Ich beschloss, sie zu überraschen, da ich sie über WhatsApp nicht erreichen konnte, mich aber noch gut an den Weg zu ihrer Arbeit erinnerte. Der Wachmann dort ließ mich nach kurzer Investigation herein und ich schloss eine weinende Maria Elizabeth in die Arme. Wir erzählten viel, während sie Papierkram erledigte und dann machte ich mich wieder auf den Weg ins Zentrum. Dort drehte mir einer der Straßenkünstler gewieft Kunstkram an, den ich weder haben noch bezahlen wollte, dann gönnte ich mir eine weitere meiner Lieblingsspeisen in Kolumbien: mango espaghetti. Mit dem Becher in der Hand machte ich mich auf den Weg zum Museo Botero.

 

 

Fernando Botero ist ein kolumbianischer Künstler, der 1932 in Medellín geboren wurde. Er zog mit Mitte 20 nach Europa und lebt auch heute noch in Paris. Seine Skulpturen zum Beispiel stehen in Medellín auf öffentlichen Plätzen und in Bogotá gibt es ein ganzes Museum mit seinen Gemälden und Skulpturen. Ich hatte noch nie von ihm gehört, bevor ich 2017 meinen Reiseführer durchblätterte. Dort stand eine ganze Menge über seinen Stil und die Interpretation desselben, aber es lässt sich herunterbrechen auf: Botero gefallen dicke Menschen, dicke Tiere und dicke Dinge des alltäglichen Lebens. Wenn man es freundlicher ausdrücken möchte, würde man sagen, in seinem ästhetischen Empfinden bevorzugt er Kurven. Für mich klang das erst nicht besonders sehenswert, aber als ich in 2017 in Medellín war, verliebte ich mich in die molligen Skulpturen, und besuchte später das Museum in Bogotá, das sogar umsonst ist. Seitdem komme ich jedes Mal hierher, wenn ich in Kolumbien bin. Vor dem Hintergrund des heutigen Magerwahns und des Drucks, möglichst Katalog-Modell-Maße zu haben, gefallen mir die kurvigen Werke Boteros besonders gut und ich betrachte sie als Komplizen im Kampf gegen den Schlankheitswahn.

Nachdem ich fertig war mit meinem Rundgang im Museum, bewunderte ich noch ein paar Graffiti in den Straßen Bogotás und machte ich mich dann auf den Heimweg nach Mosquera. Knapp anderthalb Stunden war ich unterwegs – eine halbe Stunde im TransMilenio (eine Art Straßenbahn Bogotás), 50 Minuten im Bus und dann 10 Minuten zu Fuß zum Apartmentkomplex von Angie. Die Fahrten schlauchen mich immer total, weil man im TransMi meistens wie die Sardinen eingequetscht stehen muss und mir bei der rasanten Fahrweise der Busfahrer immer übel wird. Auch die blinkenden Lichter und die nervtötende vallenato-Musik im Bus sowie die Huckel, die die Geschwindigkeit der Fahrzeuge bremsen sollen, tun ihr übriges. Trotzdem setzte ich mich abends noch mit Angie zusammen und buchte einen Schlafplatz in einem kleinen Dorf nördlich von Bogotá, in das ich am nächsten Tag reisen wollte. Ich schickte außerdem eine Anfrage über couchsurfing los, da ich mich nicht stressen wollte mit der Rückfahrt und plante, einen weiteren Tag in einem anderen Dorf zu bleiben, in dem wir keine günstige Unterkunft fanden. Ich packte noch meinen Rucksack mit dem Nötigsten, duschte und fiel fix und fertig ins Bett.

Am nächsten Morgen ging es früh los … auf Entdeckungsreise! 🙂
Im nächsten Artikel nehme ich euch mit, bis dahin fühlt euch gedrückt!

Un abrazo,
Katha

 

 

Straya Mate – Die letzten Tage in Australien

Hallo liebe Lebensmaler!

Wow, ich habe ja schon lange nichts mehr geschrieben! Mir geht es aber gut, alles noch dran nach meiner Reise durch Kolumbien 🙂 Seit dem 06.07. stehe ich wieder mit beiden Beinen auf deutschem Boden, wenngleich ich mit dem Kopf – und vor allem mit dem Herzen – noch in Kolumbien bin. Deswegen möchte ich euch in den nächsten Posts auch an meinen letzten Tagen in Australien und den Abenteuern des letzten Monats in Kolumbien teilhaben lassen. Es war so gut, wieder zurück zu sein und das Land alleine zu entdecken, frei nach Lust und Laune dorthin zu reisen, wohin es mich gelockt hat und auf mich selbst aufpassen zu müssen – und zu können!

Ich möchte jetzt damit beginnen, euch von der letzten Woche in Australien und meinen Reisevorbereitungen zu berichten. In den nächsten Posts werde ich euch meine geplante Reiseroute durch Kolumbien vorstellen und dann erzählen, was ich wo gemacht habe! 🙂

¡Vamos!

Lynda, meine Gastmama, war mit Ingrid schon eine Weile in Charters Towers, sodass Emily und ich auf Dan und Grace aufgepasst haben, während Darcy in der Stadt gearbeitet hat und Greg, ein Arbeiter, auf der station die Stellung hielt. Am 25.05. abends gab es eine kleine Abschiedsfeier für mich, an der Grace, Dan und Emily schon den ganzen Tag gewerkelt hatten. Sie hatten alles mögliche an Essen vorbereitet, Ballons aufgepustet und für mich gebacken und gebastelt. Abends saßen wir also alle zusammen, haben gegessen und gelacht – viel Unsinn haben wir angestellt 🙂

Am Freitag, 26.05. kam Lynda morgens, um Grace und Dan abzuholen und am 27.05. packten Emily und ich unsere 7 Sachen in ihr Auto (bei mir waren es eher 25 Sachen) und fuhren nach Charters Towers, wo wir später am Abend die Familie treffen sollten. Ingrid spielte im Theaterstück “Oliver Twist” eine Rolle – wir wollten uns das Stück alle  diesen Samstag anschauen und vorher zusammen Abendessen. Als Abschiedsessen sozusagen.

Emily und ich fuhren auf einen Campingplatz und bauten ihren Campertrailer auf – das ist ein Anhänger, der ein kleines Wohnzelt beherbergt. Ich hatte beschlossen, wieder im SWAG zu schlafen – ein letztes Mal unter freiem Himmel. Ich sprang in den Pool des Campingplatzes, lag in der Sonne, tauschte ein paar Bücher, die im book exchange-Regal standen und abends machten wir uns fertig zum Weggehen.

Emily sah richtig, richtig schick aus und erntete viele anerkennende Blicke. Wir trafen die Familie im Restaurant, bestellten und erzählten eine Weile. Helen Carter, eine Nachbarin, die ich schon kannte, war auch dabei, was mich sehr gefreut hat. Ich bekam eine Karte geschenkt mit Grüßen von jedem einzelnen der Familie, mein Taschengeld und eine riesige Tüte – mit einem echten Cowboyhut!! Sowas cooles 🙂 Am meisten hat mich aber die Karte gefreut und darin der Gruß von Darcy – sehr, sehr persönlich alles. Wir schauten uns das Theaterstück an und mischten uns danach noch etwas unter die Leute. Für mich war das eher anstrengend, da ich eigentlich die meisten Leute nicht kannte oder nicht mitreden konnte. Schließlich wurden aber alle müde, sodass Emily und ich uns darauf einigten, schon zu fahren. Ich suchte die Kids und verabschiedete mich von ihnen – und schließlich ließen Darcy, Lynda und ich noch ein Foto von uns machen. Es gibt nämlich kein einziges, weder von damals noch von diesem Mal.

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Lynda und Darcy, die besten Gasteltern der Welt

Danach fuhren Emily und ich zurück auf den Campingplatz, machten uns fertig und kuschelten uns in unsere jeweiligen Betten. Mir passierte jedoch noch ein Unglück, bevor ich schlafen konnte – meine Brille zerbrach. Jetzt, im Rückblick, sage ich: “Zum Glück nur das Gestell und nicht die Gläser”, aber für mich zerbrach buchstäblich meine Welt. Ich sehe doch ohne Brille nichts! Emily versuchte, mich zu beruhigen und redete beschwichtigend auf mich ein, während ich schweren Herzens meine furchtbare Ersatzbrille aus dem Koffer suchte, die ich glücklicherweise für jede Reise einpacke. Ich würde die Brille in Townsville reparieren lassen müssen. Ich kroch in meinen Schlafsack und schaute zu den Sternen hoch, wohl wissend, dass dies erneut das letzte Mal für eine lange, lange Weile sein würde, dass ich diesen glitzernden Himmel sehen würde. Mir wurde ganz wehmütig ums Herz.

Am nächsten Morgen (sonntags) standen wir zeitig auf, frühstückten und Emily fuhr mich in die Stadt, wo ich für 50$ ein Zimmer im Royal Private Hotel bezahlte. Ich ordnete meine 7 Sachen und wanderte zur Tourist Information, um meinen Bus nach Townsville zu buchen. Ich saß vorm PC, versuchte zu buchen und nichts klappte. Die Website stürzte ständig ab, nahm meine Daten nicht oder zeigte die gewünschte Verbindung nicht an. Ohne diese Buchung würde ich aber am nächsten Tag nicht fahren können. Einer der Mitarbeiter half mir und suchte mir die Nummer für den Zug heraus, der ebenfalls fuhr – da hatte ich schon fast alles gebucht, bis mir gesagt wurde, es sei nicht erlaubt, Kartons mitzuführen und auch nur eine Tasche pro Person sei gestattet. Ich weinte einfach nur noch schniefend vor mich hin und muss so erbärmlich ausgesehen haben, dass der nette Mitarbeiter anbot, mich zu fahren, das sei kein Problem. Ich nahm das Angebot schluchzend an, suchte im Hotel mein Hab und Gut zusammen und sagte Bescheid, dass ich abreisen würde. Die Besitzerin kannte den Mitarbeiter und sagte, mit ihm würde ich keine Probleme haben. Ich rief Jess an und fragte, ob es okay sei, wenn ich schon Sonntagabend käme statt Montag – kein Problem!

Chad, wie der Mitarbeiter hieß, holte mich gegen 17 Uhr ab, lud alles, was ich an Krimskrams dabei hatte in seinen Kofferraum und fragte, ob es okay sei, wenn sein Bruder mitkäme. Als ob ich “Nein” gesagt hätte! Im Laufe der Fahrt erfuhr ich, dass er extra für mich fuhr – also ehrlich, wie viel Glück kann ein Mensch eigentlich haben? Wir fuhren so ca. 1.5 bis 2 Stunden und erzählten zu dritt über Gott und die Welt. Chad setzte mich direkt vor Jess’ Haustür ab und sie konnte es auch nicht fassen, wie viel Glück ich hatte. Jess wohnt mit ihrem Freund Sonny und ihrer Hündin Hanz zusammen in einem total schönen Haus. Ich schmiss mich einfach komplett fertig auf’s Sofa und atmete so vor mich hin. Hanz legte sich zu mir/auf mich und wir verkuschelten uns die Zeit, bis es Zeit wurde zum Schlafen.

Die nächsten Tage verbrachte ich mit einkaufen, 2nd-hand-shoppen und einigen organisatorischen Dingen. Ich suchte z.B. nach einer Regenjacke, lief von Bank zu Bank, um meine AUS$ in COP umzutauschen und den besten Wechselkurs zu finden, machte Fotos von tollen Graffiti und packte mein “nach Hause”-Paket unzählige Male ein, aus und um. Außerdem suchte ich den Optiker meines Vertrauens auf. Die Frau dort kannte mich schon und bot mir an, die Brille kostenlos zu kleben – was ich auch annahm. Leider brach sie sofort wieder auseinander, als ich sie aufsetzte, und dann war es zu spät, sie nach Brisbane zum Reparieren zu schicken. Schöne Bescherung! Wenigstens hatte es mich nichts gekostet. Ansonsten lief ich mit meinem schlussendlich fertig gepackten und verklebten Päckchen zur Post und schickte es für 60AUS$ mit dem Schiff Richtung Deutschland. Ich nahm einen Termin bei einer Orthopädin wahr, von dem Jess mich abholte, und außerdem fuhr sie mit mir noch zu ihrer Arbeit und auf dem Weg suchten wir einen günstigen Friseur, der mir die Haare schneiden würde, ohne mir ein Vermögen abzuknöpfen. Ich müsste bei den Friseuren in der Stadt an die 70$ bezahlen! Ich war (und bin) Jess so dankbar, dass sie sich so toll um mich kümmerte.

Des Weiteren hatte ich ein Wechselbüro gefunden, das mir zu den besten Konditionen mein Geld umtauschen würde. Ich hatte mit der Dame dort abgesprochen, dass ich am Mittwoch meine AUS$ vorbeibringen würde und sie mich am Donnerstagnachmittag anrufen würde, damit ich meine Pesos abholen könnte. Freitag morgens um 6 Uhr würde mein Flug gehen. Ich wartete also am Donnerstag auf den Anruf, machte mich gegen 12 Uhr mal probehalber auf den Weg, um nachzufragen – die Dame sagte mir, noch sei keine Geldlieferung aus Brisbane gekommen, sie würde mich anrufen. Später rief sie an – es gäbe da ein Problem … Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Und aus. Und ein. Die Dame erklärte mir, der Fug, mit dem das Geld aus Brisbane nach Townsville kommen sollte, sei gecancelt worden, ohne dass sie davon in Kenntnis gesetzt worden sei. Ahja. Hervoragend. Ich stand am Vorabend meines Fluges ohne jegliche Pesos da. Groooßartig. Die Dame bat mich, vorbeizukommen. Ich kam vorbei. Sie sagte, sie würde mir helfen. Sie half mir. Ich bekam meine AUS$ zurück ausgezahlt, sie tauschte sie mir zu Mitarbeiterkonditionen in US$ um und einen Minimalbetrag in Pesos – ein bißchen hatte sie noch da. Das erwies sich später als pures Glück, in dem Moment jedoch fand ich es nicht ganz so prickelnd.

Ich lief wieder nach Hause, um die letzten Stunden mit Sonny, Jess und Hanz zu genießen. Die Hündin liebte mich und ich liebte sie. Sie sprang immer zu mir auf’s Sofa, lief mir nach, legte sich abends vor meine Tür, wo sie morgens noch immer wartete und war dann überglücklich, wenn ich sie zum morgendlichen Kuscheln hineinließ. So viel Liebe tat mir unglaublich gut. Jess und Sonny hatten mir auch angeboten, mich zum Flughafen zu fahren, morgens um 5 Uhr. Wir mussten am Vorabend unzählige Male bei verschiedenen Fluggesellschaften anrufen, um herauszufinden, zu welcher Uhrzeit ich am Flughafen sein musste. Die Callcenter-Frauen waren überfordert und verwiesen uns immer weiter – Jess meisterte die Situation souverän mit einem Glas Rotwein in der Hand und lautem Fluchen, während Warteschleifenmusik vor sich hindudelte. Ich habe so ein Glück mit den Freunden, die ich auf meiner Reise getroffen habe! Am nächsten Morgen gegen 4 Uhr schlüpfte ich für den Flug in meinen schwarzen Jumpsuit mit Palmendruck – Jess trumpfte noch auf und stieg im Spiderman-Onesie ins Auto. Wie ich diese Fraue liebe … ❤

Ich umarmte Sonny, Jess brachte mich hinein, wir drückten uns ganz fest, winkten und dann stand ich alleine da …. auf nach Kolumbien!  🙂 🙂

 

 

 

 

Straya Mate – Schnelldurchlauf März bis April

Hallo!

Ich habe lange nichts gepostet – es war so viel los! Jetzt werde ich euch im Schnelldurchlauf die letzten Wochen präsentieren, denn meine Zeit auf The Brook nähert sich rasant dem Ende zu ist bereits zu Ende! Ich bin schon in Townsville – aber bevor es die aktuellen Begebenheiten gibt, ein paar “alte Neuigkeiten”:

Kurz nach dem Ausflug zum Creek gab es die Schulhalbjahresabschlussfeier der Kinder – am 23. März wurde der Klassenraum dekoriert, ihre besten Arbeiten zur Präsentation ausgelegt und die Nachmittage vor dem Ereignis waren vermehlt, verschokoladet und verlimonadet, denn Emily und die Kids schwangen Kochlöffel und alle möglichen weiteren Utensilien. Abends kamen dann alle vorbei und wir verbrachten einen schönen Abend zusammen, mit den Kids als Gastgeber. Ich wurde von Darcy überrumpelt und musste eine Rede halten – warum ich The Brook so gerne habe. Und der Abend war ein perfektes Beispiel für mein Warum: Gemeinschaft und Familiengefühl, alle verbringen zusammen einen spaßigen Abend und jeder trägt dazu bei. Ich fühle mich eingebunden und gewollt und es ist eine wohlwollende, gefühlsvolle, ermutigende Atmosphäre. Wir haben gesungen, gegessen, gelacht – und ich habe mich einfach wohl gefühlt, etwas, das mir lange gefehlt hat. Am Ende hat mich Darcy dann umarmt (das kommt alle Jubeljahre mal vor) und gesagt, wie gut es ist, mich wieder bei ihnen zu haben. Das war Balsam für meine Seele.

Am 25.03., Samstagabend, haben Dale, Emily und ich beschlossen, gemeinsam zu kochen und es uns gemütlich zu machen, statt dass jeder für sich selbst kocht und isst. Wir haben beschlossen, einen mexikanischen Abend zu machen: es gab Nachos mit allem Drum und Dran. Wir haben draußen den Tisch gedeckt und es wurde ein richtig toller Abend.

Am 06.04. hatte die Familie einen Termin in Townsville und ich bin mitgefahren, weil ich mein Handy reparieren lassen musste – hat zwar nicht geklappt, und hinterher war es kaputter als vorher, aber immerhin konnte ich ein paar andere Dinge erledigen. Wir wollten eigentlich nicht lange bleiben, aber dann hat die Familie sich für ein komplettes Wochenende entschieden – ich hatte keine Transportmöglichkeit zurück nach Hause, sodass ich auch in der Stadt geblieben bin. Lynda hat netterweise für mein Hostelzimmer bezahlt – das meine ich damit, dass es ein Gefühl von Familie ist. Da wird nicht groß diskutiert und ein Problem aus einer Situation gemacht, sondern einfach gehandelt und auf mich “aufgepasst”. Und nicht nur das, ich wurde sogar eingeladen, am 08.04. mit zum Footie-Spiel der Cowboys zu kommen. Das war mein erstes Rugby-Spiel im Stadion und ich habe mich mega gefreut. Lynda und Darcy hatten VIP-Plätze in einer Kabine und ich bin mit den Kids auf dem Rasen geblieben. Wir hatten gute Plätze und haben das Spiel genossen. Den Morgen habe ich bei Jess verbracht, die ich bei meiner Ankunft im Hostel kennengelernt habe. Ich habe ihr spontan geschrieben und da sie eine OP hinter sich hatte, die sie daran hinderte, sich viel zu bewegen, habe ich mich auf den Weg zu ihr gemacht. Wir haben stundenlang gequatscht und schließlich kam noch eine Arbeitskollegin aus dem Hostel dazu, die ich auch schon kennengelernt hatte. Das tat so richtig gut, mal wieder mit ein paar verrückten Mädels abzuhängen und Unsinn zu reden. Ich hab mich viel besser gefühlt, viel normaler.

Am Sonntag ging es dann zurück nach Hause und ich lernte Emma kennen, Dales Freundin, die ihn für 1.5 Wochen besuchen gekommen ist. Zuerst haben wir nicht viel von einander gesehen, aber als wir am Freitag, 14.04., zu einer Geburtstagsfeier auf der benachbarten station Felspar (45-60 Minuten Fahrt) gefahren sind, haben wir mehr Gelegenheit gehabt, miteinander quatschen. Allie, die jüngste Tochter der Familie Carter, wurde 21 und das musste groß gefeiert werden. Wir sind viel zu spät losgekommen, weil Darcy noch eine Menge zu tun hatte, aber das machte nichts, es war so viel los, dass es gar nicht auffiel. Emma und ich sprachen ganz viel miteinander und obwohl sie erst 17 geworden ist, war sie ziemlich clever und wir hatten ganz viele gemeinsame Meinungen. Sie rettete mich dann auch immer wieder vor Brice, einem Australier, der auf einer weiteren station arbeitete und es auf mich abgesehen hatte. Immer wieder rückte er in Gesprächsrunden näher an mich heran, legte den Arm um mich oder versuchte, mit mir zu tanzen, als schließlich die Tanzfläche eröffnet wurde, obgleich ich freundlich, aber deutlich Desinteresse signalisierte. Die Aufmerksamkeit an sich war ja nett, aber ich war wirklich nicht interessiert. Die Party endete für Grace, Emma und mich unter einem mit Lichterketten geschmückten Baum auf weichen Kissen, weil uns gegen 1.30 Uhr morgens dann einfach der Saft ausging. Um 3 Uhr waren wir schließlich zu Hause. Viele Fotos gibt es nicht dieses Mal, weil es einfach eine tolle Party war, die ich nicht durch die Linse, sondern live genießen wollte.

Am Samstag haben wir alle ausgeschlafen und uns entspannt, während die Familie zu einer Schulveranstaltung fahren musste – die Armen! Nachmittags kam Dale vorbei, um nach Medizin für Emma zu fragen, ihr ging es nicht gut, schon die ganze Woche über nicht. Ich konnte ihm viele kleine Hilfen aus meinem Medizinköfferchen geben, aber geholfen hat es nicht ganz so viel, leider. Am Sonntag gab es dann ein gemeinsames Abendessen mit Emma, Dale, Emily und mir. Emma ging es nicht wirklich besser, obwohl die gemeinsame Mahlzeit sie etwas abgelenkt hat.

Später haben wir uns entschieden, die Flying Doctors anzurufen. Das ist der Arztservice für Familien, die durch die Distanz ihres Wohnsitzes zur Stadt keinen direkten, einfachen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Man ruft den “Royal Flying Doctor Service” an und die Ärzte machen dann eine Telefonkonsultation. Sie rieten Emma, ins Krankenhaus zu fahren – wogegen Dale sich wehrte und sie schließlich klein beigab. Emily und ich sprachen uns dafür aus, aber man kann den Esel ja nicht zum Brunnen tragen. Das Ende vom Lied war, dass Emma sich die ganze Nacht übergab und am Nachmittag des Montags schließlich doch ins Krankenhaus wollte. Da es aber durch Dale verursachte Probleme mit dem Toyota von Darcy gab, war alles komplizierter und anstrengender, als es eigentlich sein müsste. Um es abzukürzen: schließlich fuhr Darcy Emma und Dale mitten in der Nacht ins Krankenhaus nach Charters Towers, in Lyndas Auto. Er war überhaupt nicht begeistert, da 1. sein Toyota kaputt war, 2. er ein superanstrengendes Wochenende mit der Familie hinter sich hatte, 3. er nachmittags 5 Stunden in der sengenden Hitze im Auto verbracht hatte und 4. heute sein und Lyndas Hochzeitstag war und sie einfach nur zusammen auf der Couch sitzen und atmen wollten.

scoobDale blieb eine ganze Weile in der Stadt mit Emma, da die Untersuchungen länger dauerten. Sie hatte eine Leberentzündung, die eine Antibiotikum-Behandlung erforderte. Seinen Hund Scooby hatte er bei uns gelassen und ich liebte dieses Riesenbaby. 1x habe ich mich abends draußen auf unseren Gartenmöbeln niedergelassen und Scooby legte sich quer über mich. Ich kraulte und massierte ihn für bestimmt 20 Minuten – es war schwer zu sagen, wem es danach besser ging. Was das Kuscheln anging, kümmerte ich mich um Scooby, aber Emily übernahm das Füttern. Wir hörten wenig von Dale, sicher auch, weil seine Beschwerden und sein Gejammere bei uns nicht die gewünschte Reaktion hevorriefen. Er ist nicht wirklich ein Idiot, sondern hat Probleme, die ihn mit seinen 19 Jahren überfordern und zu viel geworden sind. Weglaufen war seine Antwort, obwohl er bei Darcy und Lynda auf das Verständnis und die Unterstützung hoffen konnte, die er nötig hat in seinem chaotischen, schwierigen Leben. Als Emily und ich am 24.04. nachmittags in die Stadt fuhren, kamen Dale und sein Vater uns im Auto entgegen. Seitdem ward er nicht mehr bei uns gesehen – und Scooby auch nicht, der mir sehr ans Herz gewachsen war.

Warum fuhren wir in die Stadt? Am 25.05. ist ANZAC-Day, ein Feiertag, der in Australien und Neuseeland begangen wird. Grace ist School Captain und musste ihre Schule bei den Feierlichkeiten in der Stadt repräsentieren. Davon werde ich euch im nächsten Post erzählen – das war erstmal der Schnelldurchlauf von Mitte März bis Mitte April!